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Pressemeldungen

Wie ein DLRG-Retter mit dem Tod umgeht

Veröffentlicht: 22.08.2020
Autor: Eric Passler
Quelle: Bild © Koray Elele (hr)

Beitrag von der hessenschau.de

So sehr Niklas Glotzbach auch kämpft, manchmal kommt jede Hilfe des DLRG-Retters zu spät. So auch Ende Juni, als eine Mutter und ihr Sohn im Rhein bei Trebur ertrinken. Fünf Menschen musste der 28-Jährige bereits tot bergen. Trotz der seelischen Belastung ist das Ehrenamt sein größtes Hobby.

Die warmen Sommertage, auf die sich viele Hessen freuen, sind für Niklas Glotzbach oft die arbeitsintensivsten. Im schlimmsten Fall sind es auch jene Tage, die ihn noch Wochen später beschäftigen. Vor allem, wenn der Einsatzleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) einen Menschen nur noch tot aus dem Wasser bergen kann.

So wie bei dem Unglück nahe Trebur Ende Juni, als ein fünfjähriger Junge im Rhein ertrinkt. Bei dem Versuch, ihr Kind zu retten, kommt auch die 30 Jahre alte Mutter ums Leben. Die 13 Jahre alte Schwester überlebt unverletzt - auch sie war in den Rhein gesprungen, um ihren Bruder zu retten. "Das war einer meiner schlimmsten Einsätze", erzählt der 28-jährige Glotzbach. "Was mich sehr mitgenommen hat, war zu sehen, wie die Angehörigen in diesem Moment darunter gelitten haben."

"Hätten wir etwas besser machen können?"

Seit zehn Jahren hilft der junge Nauheimer bei Rettungseinsätzen der DLRG, inzwischen ist er Einsatzleiter. Fünf Menschen hat er in dieser Zeit nur noch tot bergen können, darunter neben dem Kind in Trebur noch ein weiteres. "Gerade wenn es um Kinder geht, geht es einem schon sehr nah."

Während der Einsätze funktioniere man, erzählt der 28-Jährige, dank Automatismen und fester Abläufe. Das Nachdenken komme erst, wenn etwas Ruhe einkehrt. "Zunächst stellt man sich immer die Frage, ob wir etwas hätten anders machen oder besser machen können. Da muss man zu sich selbst sagen: Wir haben alles gegeben."

Die Bilder der Einsätze habe er danach noch oft vor Augen. Um das Geschehene zu verarbeiten, sei es vor allem wichtig, darüber zu reden, weiß Glotzbach aus eigener Erfahrung – mit den Kameraden, der Familie oder Freunden. Nach jedem Einsatz gibt es eine Nachbesprechung im Team, auch Einzelgespräche mit dem Einsatzleiter sind möglich. In schlimmeren Fällen können sich die Retter an Seelsorger wenden oder über den Landesverband professionelle Hilfe erhalten. Ihm persönlich hilft auch das Gespräch mit seiner Freundin, die sich ebenfalls in der DLRG engagiert und Unglücke wie das bei Trebur unmittelbar miterlebt hat.

Viele Einsätze am Rhein  

Trotz der seelischen Belastung, die mancher Einsatz mit sich bringt, ist die Arbeit für den DLRG die größte Leidenschaft des 28-Jährigen. Sein Großvater war Mitbegründer der Ortsgruppe, auch seine Eltern engagieren sich bei den Lebensrettern. Es ist ein Ehrenamt, das viel Flexibilität erfordert: Ähnlich wie bei der Freiwilligen Feuerwehr kann er ständig über Handy und Pager alarmiert werden – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Die meisten Unglücke, zu denen er gerufen wird, passieren im Rhein, rund um Groß-Gerau. "Wir haben so gut wie jedes Wochenende, wenn gutes Wetter ist, hier einen Einsatz und das summiert sich." In diesem Jahr musste sein Kreisverband 16 Mal ausrücken -  und damit jetzt schon öfter als im gesamten vergangenen Jahr. Den Grund sieht Glotzbach vor allem in der Corona-Pandemie: Badeseen und Freibäder sind zum Teil geschlossen oder haben ihre Besucherzahlen drastisch reduziert. "Der Rhein bietet da eine kostenlose Alternative – frei zugänglich, mit vielen Sandstränden. Der lädt natürlich zum Baden ein."

Unsichtbare Gefahren

Doch das ist hier tückisch: Die Strömung ist stark, der Schiffsverkehr rege. Auch in Ufernähe lauern Gefahren wie Strudel, die auf der Oberfläche oft kaum erkennbar sind und Badende doch schnell bis auf den Grund ziehen können. Dass viele Menschen diese Risiken ignorieren, ärgert den Retter. "Wir versuchen natürlich sehr viel Aufklärungsarbeit zu machen. Die meisten wollen es nicht verstehen, vermute ich."

Viele würden denken, sie hätten damit keine Probleme, sie seien gute Schwimmer. "Aber selbst geübte Schwimmer haben hier im Rhein kaum Chancen." Auch er selbst habe Respekt vor dem Rhein, er sei unberechenbar. Wie groß der Faktor Leichtsinn ist, zeigt auch die Statistik der Hessischen Wasserschutzpolizei: Demnach könnten acht von zehn Ertrinkungsfällen durch mehr Vorsicht verhindert werden.

"Wenn wir das schaffen, ist das ein einmaliges Gefühl"

Hessenweit sind in diesem Jahr bisher mindestens 20 Menschen bei Badeunfällen ums Leben gekommen, wie die DLRG berichtet – so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. Zuletzt starb ein 60-jähriger Mann, der unerlaubterweise im Mönchwaldsee bei Kelsterbach schwimmen gegangen war. Er konnte reanimiert werden, starb jedoch später im Krankenhaus. Auch bei diesem Unglück war Niklas Glotzbach vor Ort.

Doch neben all den Einsätzen mit traurigem Ausgang erlebt der 28-Jährige zum Glück auch viele gelungene Rettungsaktionen. "Natürlich geben wir immer alles, um dem Menschen in Not zu helfen. Wenn wir das dann schaffen, ist das ein einmaliges Gefühl." Die meisten seien im ersten Moment geschockt und überfordert. "Im Endefffekt bedanken sie sich dann ganz oft später. Dann kommt noch mal eine Nachricht oder ein Anruf."

Diese Einsätze sind es wohl auch, die Glotzbach motivieren - und der riesige Zusammenhalt innerhalb des Teams, wie er erzählt. Deshalb will er sich auch noch lange engagieren. "Aktiv in der Einsatzabteilung kann man sein bis man 60 Jahre alt ist - und das strebe ich an."

Sendung: hr-fernsehen, maintower, 21.08.2020, 18 Uhr

Quelle: Koray Elele (maintower)

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